Fle­xi­bles Arbei­ten: Frei­heit durch Daten

7. November 2018

Mit­ar­bei­ter und auch immer mehr Füh­rungs­kräfte eta­blier­ter Unter­neh­men bli­cken oft nei­disch auf die so freie und weni­ger regu­lierte Start-up-Szene. Der Self­made­man in Kra­watte und Anzug muss den Busi­ness-Vor­bil­dern der heu­ti­gen Zeit wei­chen: digi­ta­len Noma­den, frei den­ken­den und arbei­ten­den Nerds sowie krea­ti­ven Machern. Aber wie lässt sich diese geän­derte Denk­weise bei eta­blier­ten Mit­tel­ständ­lern stra­te­gisch imple­men­tie­ren? Wie schafft man eine für fle­xi­bles Arbei­ten not­wen­dige Infra­struk­tur? Die Blog­ge­rin (www.digitalisierung-jetzt.de) und Unter­neh­me­rin Caro­lin Desi­rée Töp­fer geht die­sen Fra­gen in ihrem Gast­bei­trag nach und rät zu einer radi­ka­len Datenstrategie.

Fas­zi­niert saß ich letz­tens im Asia-Snack-Restau­rant und habe sogar bei­nahe mein Essen kalt wer­den las­sen. Statt­des­sen habe ich mir lie­ber ange­schaut, wie die Pro­zesse in der offe­nen Küche funk­tio­nie­ren: Die Dame an der Kasse nahm die Bestel­lun­gen auf Deutsch an, drehte sich um, rief den Kol­le­gen an den Töp­fen und Pfan­nen etwas in einer ande­ren Spra­che zu – und alles funk­tio­nierte rei­bungs­los. Inner­halb von nicht ein­mal 5 Minu­ten erhielt jeder Bestel­ler sein frisch zube­rei­te­tes Essen.

Ähn­lich funk­tio­niert die Zusam­men­ar­beit in vie­len ande­ren mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men. Gewisse Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wege haben sich mit der Zeit ein­ge­spielt – fern aller doku­men­tier­ten Pro­zesse. Schließ­lich wis­sen vor allem die lang­jäh­ri­gen Mit­ar­bei­ter, auf wen man sich ver­las­sen kann und wie man schnell zum Ziel kommt. Schwie­rig wird diese Art der Kom­mu­ni­ka­tion für alle, die neu dazu­kom­men, oder Kol­le­gen, die von zuhause oder ganz woan­ders arbei­ten möch­ten. Denn wer nicht vor Ort ist, wird leicht ver­ges­sen. Lei­der nicht nur von Kol­le­gen, son­dern auch vom Chef.

Anwe­sen­heits­pflicht als Karrierefaktor?

Immer wie­der bele­gen Stu­dien, dass vor allem Anwe­sen­heit als wich­ti­ger Kar­rie­re­fak­tor gilt. Dabei soll­ten Unter­neh­men es längst bes­ser wis­sen. Mit­ar­bei­ter, die anwe­send sind, sind nicht unbe­dingt auch pro­duk­tiv, krea­tiv und inno­va­tiv. Aus eige­ner Erfah­rung kann ich sagen: ganz im Gegen­teil. Ich habe meine bes­ten Ideen meis­tens nicht am Schreib­tisch, son­dern auf Rei­sen, befeu­ert durch inter­es­sante Ver­an­stal­tun­gen und span­nende per­sön­li­che Begegnungen.

Diese Akti­vi­tä­ten, die mir so viel Inspi­ra­tion brin­gen, sind für man­che Chefs älte­rer Gene­ra­tio­nen aber auch schon hart an der Grenze des­sen, was man noch als Arbeit bezeich­nen darf. Beson­ders wir Deut­schen machen es uns manch­mal schwer, wenn es um den Spaß bei der Arbeit geht. Das hin­dert uns gleich­zei­tig daran, Unter­neh­men aus einem neuen und zukunfts­ori­en­tier­ten Blick­win­kel zu betrachten.

Mehr Frei­heit wagen

Stel­len wir uns ein­mal vor, ein Unter­neh­men hätte neben sei­nem Geschäfts­zweck auch das Ziel, alle Mit­ar­bei­ter – so indi­vi­du­ell ihre Wün­sche sind – mög­lichst glück­lich zu machen. Jeder soll Spaß bei der Arbeit haben und nie­mand mehr Auf­ga­ben erle­di­gen müs­sen, die Frust ver­brei­ten und den jewei­li­gen Mit­ar­bei­ter von fach­li­chen und wert­schöp­fen­den Tätig­kei­ten abhalten.

In mei­nen Work­shops steige ich tat­säch­lich häu­fig mit Wunsch­run­den in die kom­ple­xen The­men der IT-Infra­struk­tur ein. Und erstaun­li­cher­weise hat noch nie­mand den Wunsch geäu­ßert, nicht mehr arbei­ten zu müs­sen. Viel­mehr wis­sen Mit­ar­bei­ter ganz genau, wie man durch den Ein­satz zeit­ge­mä­ßer tech­ni­scher Lösun­gen ihre Moti­va­tion und damit ihre Pro­duk­ti­vi­tät enorm stei­gern könnte.

Fle­xi­bles Arbei­ten bedingt Wissensmanagement

Dazu müss­ten Unter­neh­men sich aber Ansät­zen bedie­nen, die eigent­lich eher in der Frei­zeit zuhause sind. Sie müss­ten sich zum Bei­spiel an der Nut­zer­freund­lich­keit von Online­shops ori­en­tie­ren, wenn es um Tools für interne admi­nis­tra­tive Pro­zesse geht. Sie müss­ten weni­ger auf den Desk­top-PC oder Lap­top und mehr auf das Smart­phone set­zen, weil es für die meis­ten Men­schen eh schon ein gefühl­tes zusätz­li­ches Kör­per­teil ist und die Arbeit von unter­wegs mit mobil opti­mier­ten Web­sites und Daten­ban­ken ein­fach viel mehr Freude bringt, als immer nur am Schreib­tisch Zugriff auf das Unter­neh­mens­wis­sen zu haben. Und sie müss­ten zulas­sen, dass Mit­ar­bei­ter Tech­nik und Platt­for­men, die viel­leicht eher nach Pau­sen-Enter­tain­ment aus­se­hen, auch in der Arbeits­zeit nut­zen dürfen.

Was haben die drei Ansätze gemein­sam? Hin­ter all den genann­ten Bei­spie­len steckt nichts ande­res als der radi­kale Wan­del hin zum daten­ba­sier­ten Arbei­ten. Im bes­ten Fall mit bereits berei­nig­ten und ent­spre­chend voll­stän­dig vor­han­de­nen Daten. Eine enorme Her­aus­for­de­rung für eta­blierte Unter­neh­men, denn dort wird bis­her mit unvoll­stän­di­gen Alt­da­ten gear­bei­tet. Außer­dem fehlt es an eini­gen Stel­len noch an der Zustim­mung zu abso­lut trans­pa­ren­ten Pro­zes­sen. Mit­ar­bei­ter kön­nen sich mit Hoheits­wis­sen und „Das haben wir schon immer so gemacht“ nicht mehr pro­fi­lie­ren. In der neuen Welt gilt: Infor­ma­tio­nen, die nicht ver­füg­bar sind, tra­gen nicht zum Umsatz bei.

Wert­schöp­fung durch Daten­stra­te­gie und Weiterbildung

Viele Unter­neh­men wis­sen gar nicht, wel­che Daten wert­voll sind und bis­her viel­leicht noch gar nicht ent­spre­chend gesam­melt wer­den und wel­che ein­fach mal aus­ge­mis­tet wer­den soll­ten. Gerade, weil Daten­spei­cher in den letz­ten Jahr­zehn­ten immer klei­ner und güns­ti­ger gewor­den sind, wird meist alles gesam­melt, was so anfällt. Das kön­nen auch schon mal zwan­zig ver­schie­dene Ver­sio­nen einer Power­Point-Prä­sen­ta­tion sein oder dop­pelt und drei­fach abge­spei­cherte Kun­den­da­ten mit unter­schied­li­cher Aktualität.

Wer sich zwi­schen Big Data und Wert­schöp­fung nicht ver­lie­ren will, braucht also erst eine pas­sende Stra­te­gie, um dann den Wild­wuchs im Daten­dschun­gel auf­zu­räu­men und anschlie­ßend ziel­füh­rend auf­zu­fors­ten – mit der Hilfe von Zukunfts­tech­no­lo­gien, aber vor allem mit der Hilfe der eige­nen Mit­ar­bei­ter. Denn Mensch-Maschi­nen-Inter­ak­tion beginnt schon beim Anschal­ten des Com­pu­ters und macht sich auch beim Befül­len von ein­fachs­ten Daten­ban­ken bemerk­bar. Data Sci­ence, Machine Lear­ning, Arti­fi­cial Intel­li­gence – alles erst mög­lich auf einer umfang­rei­chen und weit­ge­hend sau­be­ren, sich kon­ti­nu­ier­lich erneu­ern­den Datenbasis.

Zuta­ten einer funk­tio­nie­ren­den Datenstrategie

Teil einer funk­tio­nie­ren­den Daten­stra­te­gie ist also nicht nur die tech­ni­sche Umset­zung. Vor allem die Betei­li­gung und Wei­ter­bil­dung aller Mit­ar­bei­ter spielt eine ent­schei­dende Rolle. Gerade in kri­ti­schen Berei­chen wie zum Bei­spiel Daten­schutz und IT-Sicher­heit bringt es nichts, wenn nur ein paar Mit­ar­bei­ter Bescheid wis­sen. Die Grund­la­gen, um fle­xi­bles Arbei­ten erfolg­reich umzu­set­zen, müs­sen in jeden ein­zel­nen Kopf. 

Wenn dann alle auf dem glei­chen Stand sind und neben dem Geschäfts­ziel auch das Ziel Zukunft ver­in­ner­licht haben, kön­nen sich selbst die strengs­ten Vor­ge­setz­ten dar­auf ver­las­sen, dass ihre Mit­ar­bei­ter auch außer­halb des Sicht­fel­des pro­duk­tiv zum Erfolg des Unter­neh­mens bei­tra­gen. Und wer möchte, kann ja trotz­dem hin und wie­der mal ins Büro fah­ren und mit den Kol­le­gen einen Kaf­fee trin­ken. Denn mit Hilfe von zeit­ge­mä­ßen digi­ta­len Lösun­gen darf jeder in dem Umfeld arbei­ten, das am bes­ten zu den eige­nen Wün­schen passt.

Die Autorin

Flexibles Arbeiten dank Datenstrategie: Carlin Desirée Töpfer verrät, wie es gelingen kann  

Caro­lin Desi­rée Töp­fer ist Grün­de­rin einer etwas ande­ren IT-Bera­tung. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Men­schen zu hel­fen, die tech­ni­schen Grund­la­gen und kom­ple­xen Zusam­men­hänge der Digi­ta­li­sie­rung zu ver­ste­hen, um selbst han­deln zu kön­nen und sich nicht per­ma­nent in neue Abhän­gig­kei­ten zu bege­ben. Neben Tech Coa­chings für Füh­rungs­kräfte, bie­tet sie auch Team Work­shops an und ist regel­mä­ßig als Red­ne­rin auf der Bühne. Auf ihrem Blog Digitalisierung-jetzt.de schreibt sie über The­men rund um die Digitalisierung.