Als ich in den Achtzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts beschloss, Journalist zu werden, wurde die damals revolutionäre Vision künftig papierloser Büros heiß diskutiert. Damals arbeiteten in Verlagen noch Setzer, Menschen, die an riesigen Setzmaschinen Druckzeilen aus Blei produzierten, die dann zu Artikeln montiert die Vorlagen der Zeitungsseiten wurden.
Papierarmes Arbeiten
Setzer gibt es längst nicht mehr. Druckwalzen für Zeitungen und Magazine werden, ähnlich wie Fotopapier, belichtet. Und wie lange das noch so ist, wage ich nicht zu wetten. Ich selbst publiziere längst so viel rein digital im Internet, wie von meinen Artikeln noch auf Papier gedruckt wird. Nur das papierlose Büro ist bis heute nicht Realität geworden. Im Gegenteil, wir drucken, nach Berechnungen des Verbands Deutscher Papierfabriken mit 244 Kilogramm pro Kopf und Jahr sogar noch knapp 40 Prozent mehr als 1985. Damals, vor Beginn der Internet-Ära, waren es 177 Kilogramm.
Hat sich die Vision damit überholt? Keineswegs, so absurd das angesichts der beschriebenen Papierflut klingen mag. Tatsächlich nämlich ist die Menge der geteilten Informationen seit den Achtzigern um ein Vielfaches schneller gewachsen als die Menge des bedruckten Papiers. Die Digitalisierung des Geschäftslebens, der elektronische Geschäftsverkehr und die Abbildung komplexer Geschäftsprozesse im e‑Business bis hin zur Schaffung und Führung nahezu komplett virtueller Unternehmen – all das wäre ohne eine in immer größerem Maße digitale Verarbeitung von Informationen und Dokumenten gar nicht denkbar.
Funktion von Papier ändert sich
Nur brauchen die immer öfter nicht Papier als Trägermedium. An seine Stelle treten intelligentes Informationsmanagement und smarte Software, die dem Nutzer helfen, in den Daten- und Dokumentenbergen relevante Fakten zu finden und geschäftskritische Zusammenhänge zu verstehen. Oder, wie es – passend zum IT-Begriff „Data Mining“ – so schön heißt, das „Gold in den Daten zu finden“. Unternehmen dafür fit zu machen, ihre Prozesse so anzupassen, dass relevante Informationen schnell und sicher identifiziert und bearbeitet werden können – das ist eine immense Aufgabe. Und sie wird für die meisten Unternehmen zukunftskritisch in einer Wirtschaft, in der Strategie- und Produktionsentscheidungen in immer kürzeren Zeiträumen hinterfragt und revidiert werden müssen.
Die Frage ob es dafür noch Papier braucht, und wie viel, ist gar nicht mehr entscheidend. Ganz sicher aber, ob die richtige Information, zum richtigen Moment verfügbar ist. Deshalb übrigens glaube ich auch, dass Journalismus zwar ohne Setzer und wohl bald ohne Papier auskommt. Die Funktion aber, aus der wachsenden Nachrichtenflut, die wichtigen Fakten zu destillieren, die ist vorerst nicht zu ersetzen. In den Medien so wenig, wie in jedem anderen Unternehmen.