Teamleiter Schmidt vom Marketing ist wie immer der Erste, der zur Projektbesprechung eintrifft. Mit ein paar kurzen Befehlen auf seinem Smartphone meldet er sich in der Konferenzzone an. Die Arbeitsplätze im Meetingraum hat er bereits am Vortag für seine Projektgruppe reserviert: Jetzt stellen sich Beleuchtung, Präsentations- und Kommunikationstechnik, Mobiliar, Licht und Temperatur im Raum automatisch auf die voreingestellte Arbeitssituation ein. Auf dem Multitouch-Tisch blinken drei Arbeitsflächen grün auf, die Dockingstationen für die Firmentablets sind aktiviert. Die vierte Arbeitsfläche zeigt mit einem Blinken, dass Kollegin Müller sich in zehn Minuten über den 3‑D-Bildschirm aus dem Homeoffice zuschalten wird.
Die Konferenzschaltung zu einem freiberuflichen Grafiker, mit dem die Gruppe an der neuen Werbebroschüre arbeitet, steht bereits – seine Statusanzeige meldet, dass er sich durch die Bilddaten klickt, die Kollegin Müller gerade ins Projekt-Wiki lädt. Während Projektleiter Schmidt die Touchscreen-Wand aktiviert und die Marktdaten, die er am Vortag im Zug auf dem Weg zum Kunden zusammengestellt hat, auf eine der Präsentationsflächen zieht, trifft nun auch der Rest des Projektteams aus den umliegenden Funktions- und Projektzonen der Firmenzentrale ein: Die Kollegen Peters und Salfemeier haben sich vorab spontan in einer der benachbarten Co-Working-Zonen getroffen und einen gemeinsamen Vorschlag für das neue Layout erarbeitet. Kaum hat sich das letzte Teammitglied eingeloggt, schaltet die Beleuchtung auf ein hellblaues, konzentrationsförderndes Licht um. Das Konferenzsystem schirmt die Gruppe gegen Störungen von außen durch Mails, Anrufe oder Chats ab und signalisiert den anwesenden und virtuell zugeschalteten Kollegen: Jetzt kann es losgehen.
Forscher zeigen den zukünftigen Alltag
So oder so ähnlich könnte sie aussehen, die Arbeitswelt von morgen. Im 2012 fertiggestellten „Haus der Wissensarbeit“, der neuen Forschungszentrale für virtuelles Engineering des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), ist vieles davon schon heute Realität: In dem modernen Neubau wollen die Forscher gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft zeigen, wie neue Technologien den Büroalltag verändern. Auch Kyocera testet in der hochmodernen Forschungsumgebung praxisrelevante Konzepte und Lösungen für die zukünftige Arbeits- und Lebenswelt. „Die technischen Möglichkeiten entwickeln sich enorm schnell. Schon heute bieten sie uns ganz neue Freiheiten für die Gestaltung unserer Arbeitskultur“, sagt Wilhelm Bauer, stellvertretender Leiter des IAO. Das gilt nicht nur im futuristisch anmutenden Neubau der Büroforscher.
Die Vorboten der Veränderungen sind inzwischen in fast jedem Büro sichtbar: Mit Smartphones, Tablets und Cloud Computing erobert eine flexiblere, mobilere technologische Infrastruktur den Arbeitsalltag. Informationen und Anwendungen sind digital überall und jederzeit verfügbar. „Im Prinzip könnten die meisten Menschen heute schon arbeiten, wann und wo sie wollen – 24 Stunden täglich, 365 Tage im Jahr“, sagt Bauer. „Die Möglichkeiten sind immens. Diese neue Freiheit birgt die große Chance, die Arbeit unseren individuellen Lebensumständen, unserem Lifestyle, anzupassen. Wir können Privat- und Arbeitsleben viel besser integrieren, mehr Zeit finden für Familie und Freizeit.“
Flexibilität bestimmt die Arbeit
Dennoch steht für den Forscher eines fest: Das Büro wird auch in der zukünftigen Arbeitswelt weiter eine wichtige Rolle spielen. „Die Unternehmenszentralen werden zur Schnittstelle zwischen virtueller und realer Welt“, erklärt er. „Hier treffen autonome Cloudworker, die als freie Mitarbeiter zu Hause oder im Co-Working-Space flexibel für mehrere Unternehmen arbeiten, auf eine feste Kernmannschaft des Unternehmens, die zwar nicht ständig, aber doch regelmäßig in einer gemeinsamen Arbeitsumgebung tätig ist.“ Die Büros der Zukunft seien auch ein Raum der Identifikation mit dem Arbeitgeber und dem Team. „Viele Mitarbeiter werden auch weiterhin gerne und regelmäßig ins Büro kommen und die persönliche Interaktion mit Kollegen suchen.“
Dazu sollten Unternehmen ihren Mitarbeitern passgenaue Arbeitsumgebungen anbieten, rät Bauer: „Das muss kein fester Schreibtisch mehr sein. Viel wichtiger ist, dass Mitarbeiter in einer offen gestalteten Arbeitsumgebung die passende Infrastruktur finden, um zur richtigen Zeit mit den richtigen Menschen am passenden Arbeitsplatz zusammenzukommen.“