Christian Pudzich
10. März 2017

Sie arbei­ten da, wo andere Urlaub machen, haben ihre Büros in Spa­nien, Bali, Thai­land oder Kap­stadt und sind nicht an Orte, Gebäude oder gar einen fes­ten Arbeits­all­tag gebun­den: Sie sind digi­tale Noma­den. Einer von ihnen ist Johan­nes Völ­k­ner. Doch wie schaf­fen es Men­schen, die über­all auf der Welt zu Hause sind, Dead­lines ein­zu­hal­ten und sich mit Dienst­leis­tern abzustimmen?

Johan­nes Völ­k­ner ist digi­ta­ler Nomade und seit 2010 orts­un­ge­bun­den. Aktu­ell lebt und arbei­tet er im süd­afri­ka­ni­schen Kap­stadt. Er zeich­net sich als digi­ta­ler Nomade dadurch aus, dass er seine Arbeit von über­all aus ver­rich­ten kann. Wie der Name schon sagt, nutzt er digi­tale Tech­no­lo­gien, um sich sei­nen Lebens­un­ter­halt zu finan­zie­ren. „Alles, was ich zum Arbei­ten brau­che, sind mein Lap­top und mein Smart­phone”, sagt Völ­k­ner. Natür­lich benö­tigt er auch eine gute Inter­net­ver­bin­dung und ein wenig Ruhe.

Einen Platz zu fin­den, der diese Kri­te­rien erfüllt, ist heute keine große Her­aus­for­de­rung mehr. „Vor 20 Jah­ren war das viel­leicht noch anders, aber heute ist es kein Pro­blem mehr, einen guten Arbeits­platz zu fin­den”, so Völ­k­ner, der bei­spiels­weise häu­fig in Inter­net­ca­fés arbei­tet. Grund­sätz­lich sei es so wie im Homeoffice,

nur dass das Zuhause meist in der Nähe eines Stran­des ist: Das Home­of­fice wird mit Urlaub verbunden.

Home­of­fice am Strand

Der Digi­tal­no­made hat BWL in Duis­burg stu­diert und hatte schon immer ein Fai­ble für Rei­sen und Kitesur­fing. Nach Kap­stadt führte ihn dann die Liebe. Hier begann er auch, nach Mög­lich­kei­ten zu suchen, Frei­zeit und Arbeit zu ver­bin­den. „Ich wollte nicht den gan­zen Tag im Büro sit­zen, son­dern den Nach­mit­tag frei haben und Kitesur­fen gehen.” In Kap­stadt steht er mor­gens meist gegen 7.00 Uhr auf, arbei­tet bis circa 14.00 Uhr und ver­bringt den Nach­mit­tag am Strand.

Der Digitalnomade Johannes Völkner arbeitet da, wo andere Urlaub machen.

Der Digi­tal­no­made Johan­nes Völ­k­ner arbei­tet da, wo andere Urlaub machen.

Sein Weg als Digi­tal­no­made führte ihn über ver­schie­dene beruf­li­che Sta­tio­nen. Zunächst arbei­tete er als „vir­tu­el­ler Assis­tent” für eine Schwei­zer Firma. Ein vir­tu­el­ler Assis­tent unter­stützt Unter­neh­men bei der Pla­nung und Umset­zung von Pro­jek­ten, z. B. im Back­of­fice. Er sam­melte erste Erfah­run­gen mit orts­un­ge­bun­de­nem Arbei­ten. „Mit einem guten beruf­li­chen Netz­werk in der Hei­mat erge­ben sich Jobs auch in der Ferne. Außer­dem gibt es Sei­ten wie weworkremotely.com, die Stel­len­an­ge­bote für digi­tale Noma­den ver­mit­teln”, erklärt Völ­k­ner. Hier geht es vor allem um die Aus­schrei­bung von pro­jekt­be­zo­ge­nen Auf­trä­gen, häu­fig für Pro­gram­mie­rer, Wer­ber oder Desi­gner, die bei­spiels­weise eine Kam­pa­gne aus dem Aus­land unter­stüt­zen sol­len. Auch Völ­k­ner durch­lief Sta­tio­nen im E‑Commerce und Online-Mar­ke­ting, ehe die Idee der „Nomad Crui­ses” entstand.

Zusam­men­ar­beit über ver­schie­dene Zeit­zo­nen hinweg

Die „Nomad Crui­ses” brin­gen digi­tale Noma­den auf einem Kreuz­fahrt­schiff zusam­men. Es hilft der Ver­net­zung der Com­mu­nity und unter­stützt die Zusam­men­ar­beit, eine Platt­form zum Netz­wer­ken mit Gleich­ge­sinn­ten. Völ­k­ner ist einer der Orga­ni­sa­to­ren die­ser Rei­sen. Dabei ist er auf die Unter­stüt­zung von unter­schied­li­chen Dienst­leis­tern in diver­sen Län­dern ange­wie­sen. Für die Zusam­men­ar­beit nutzt er das Pro­jekt­ma­nage­ment­tool „Trello”, für Video­te­le­fo­nate zur Abstim­mung wird Skype ver­wen­det. „Mit der ent­spre­chen­den Pla­nung kommt es bei Pro­jek­ten zu kei­nem Zeit­druck. Dead­lines sind nur was für Men­schen mit einem fes­ten Job”, sagt Völ­k­ner. Die Bot­schaft dahin­ter: Auch – oder vor allem – als Digi­tal­no­made muss man sehr struk­tu­riert und geplant arbei­ten, so dass die Dead­lines kei­nen Stress aus­lö­sen und nicht als sol­che emp­fun­den werden.

Auch hier ist nicht alles toll”

Doch das Leben als Digi­tal­no­made kann auch seine Schat­ten­sei­ten haben: „Auch hier ist nicht alles toll”, berich­tet Völ­k­ner. „Es gibt Noma­den, die nachts um 2 Uhr auf­ste­hen und arbei­ten. Je nach eige­nem Stand­ort und Stand­ort von Kun­den oder Dienst­leis­tern kann die Zeit­ver­schie­bung schon anstren­gen.” Hinzu komme für einige sicher­lich eine gele­gent­li­che Por­tion Heim­weh. Die Fle­xi­bi­li­tät des Lebens­stils macht es außer­dem schwer, irgend­wann den Weg zurück zu einem „nor­ma­len” Job zu fin­den. „Ich wurde in den letz­ten Jah­ren sehr stark ver­wöhnt. Einen klas­si­schen Office-Job kann ich mir ein­fach nicht vor­stel­len”, so Völ­k­ner. 

Allen, die es auch mal als digi­ta­ler Nomade ver­su­chen wol­len, rät Völ­k­ner Fol­gen­des: „Pro­biert es ein­fach aus. Sprecht euren Chef an, ob es mög­lich ist, nach dem nächs­ten Urlaub eine Zeit im Aus­land zu arbei­ten. Und brecht nicht sofort alle Zelte ab. So kann man immer wie­der zurück ins nor­male Leben.”

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