Sie arbeiten da, wo andere Urlaub machen, haben ihre Büros in Spanien, Bali, Thailand oder Kapstadt und sind nicht an Orte, Gebäude oder gar einen festen Arbeitsalltag gebunden: Sie sind digitale Nomaden. Einer von ihnen ist Johannes Völkner. Doch wie schaffen es Menschen, die überall auf der Welt zu Hause sind, Deadlines einzuhalten und sich mit Dienstleistern abzustimmen?
Johannes Völkner ist digitaler Nomade und seit 2010 ortsungebunden. Aktuell lebt und arbeitet er im südafrikanischen Kapstadt. Er zeichnet sich als digitaler Nomade dadurch aus, dass er seine Arbeit von überall aus verrichten kann. Wie der Name schon sagt, nutzt er digitale Technologien, um sich seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. „Alles, was ich zum Arbeiten brauche, sind mein Laptop und mein Smartphone”, sagt Völkner. Natürlich benötigt er auch eine gute Internetverbindung und ein wenig Ruhe.
Einen Platz zu finden, der diese Kriterien erfüllt, ist heute keine große Herausforderung mehr. „Vor 20 Jahren war das vielleicht noch anders, aber heute ist es kein Problem mehr, einen guten Arbeitsplatz zu finden”, so Völkner, der beispielsweise häufig in Internetcafés arbeitet. Grundsätzlich sei es so wie im Homeoffice,
nur dass das Zuhause meist in der Nähe eines Strandes ist: Das Homeoffice wird mit Urlaub verbunden.
Homeoffice am Strand
Der Digitalnomade hat BWL in Duisburg studiert und hatte schon immer ein Faible für Reisen und Kitesurfing. Nach Kapstadt führte ihn dann die Liebe. Hier begann er auch, nach Möglichkeiten zu suchen, Freizeit und Arbeit zu verbinden. „Ich wollte nicht den ganzen Tag im Büro sitzen, sondern den Nachmittag frei haben und Kitesurfen gehen.” In Kapstadt steht er morgens meist gegen 7.00 Uhr auf, arbeitet bis circa 14.00 Uhr und verbringt den Nachmittag am Strand.
Der Digitalnomade Johannes Völkner arbeitet da, wo andere Urlaub machen.
Sein Weg als Digitalnomade führte ihn über verschiedene berufliche Stationen. Zunächst arbeitete er als „virtueller Assistent” für eine Schweizer Firma. Ein virtueller Assistent unterstützt Unternehmen bei der Planung und Umsetzung von Projekten, z. B. im Backoffice. Er sammelte erste Erfahrungen mit ortsungebundenem Arbeiten. „Mit einem guten beruflichen Netzwerk in der Heimat ergeben sich Jobs auch in der Ferne. Außerdem gibt es Seiten wie weworkremotely.com, die Stellenangebote für digitale Nomaden vermitteln”, erklärt Völkner. Hier geht es vor allem um die Ausschreibung von projektbezogenen Aufträgen, häufig für Programmierer, Werber oder Designer, die beispielsweise eine Kampagne aus dem Ausland unterstützen sollen. Auch Völkner durchlief Stationen im E‑Commerce und Online-Marketing, ehe die Idee der „Nomad Cruises” entstand.
Zusammenarbeit über verschiedene Zeitzonen hinweg
Die „Nomad Cruises” bringen digitale Nomaden auf einem Kreuzfahrtschiff zusammen. Es hilft der Vernetzung der Community und unterstützt die Zusammenarbeit, eine Plattform zum Netzwerken mit Gleichgesinnten. Völkner ist einer der Organisatoren dieser Reisen. Dabei ist er auf die Unterstützung von unterschiedlichen Dienstleistern in diversen Ländern angewiesen. Für die Zusammenarbeit nutzt er das Projektmanagementtool „Trello”, für Videotelefonate zur Abstimmung wird Skype verwendet. „Mit der entsprechenden Planung kommt es bei Projekten zu keinem Zeitdruck. Deadlines sind nur was für Menschen mit einem festen Job”, sagt Völkner. Die Botschaft dahinter: Auch – oder vor allem – als Digitalnomade muss man sehr strukturiert und geplant arbeiten, so dass die Deadlines keinen Stress auslösen und nicht als solche empfunden werden.
„Auch hier ist nicht alles toll”
Doch das Leben als Digitalnomade kann auch seine Schattenseiten haben: „Auch hier ist nicht alles toll”, berichtet Völkner. „Es gibt Nomaden, die nachts um 2 Uhr aufstehen und arbeiten. Je nach eigenem Standort und Standort von Kunden oder Dienstleistern kann die Zeitverschiebung schon anstrengen.” Hinzu komme für einige sicherlich eine gelegentliche Portion Heimweh. Die Flexibilität des Lebensstils macht es außerdem schwer, irgendwann den Weg zurück zu einem „normalen” Job zu finden. „Ich wurde in den letzten Jahren sehr stark verwöhnt. Einen klassischen Office-Job kann ich mir einfach nicht vorstellen”, so Völkner.
Allen, die es auch mal als digitaler Nomade versuchen wollen, rät Völkner Folgendes: „Probiert es einfach aus. Sprecht euren Chef an, ob es möglich ist, nach dem nächsten Urlaub eine Zeit im Ausland zu arbeiten. Und brecht nicht sofort alle Zelte ab. So kann man immer wieder zurück ins normale Leben.”