Wie nachhaltig wird die Welt im Jahr 2050 sein? Eine Analyse des Beratungsunternehmens Roland Berger gibt darauf Antworten. Christian Böhler hat die Studie mit verfasst und verrät in diesem Gastbeitrag, wie sich ökologische und soziale Verantwortung mit unternehmerischem Erfolg verknüpfen lassen.
Wer auf die Zukunft setzt, sollte keine Zeit verlieren. Der seit Januar 2021 amtierende US-Präsident Joe Biden ist derzeit die wohl bekannteste Führungskraft der Welt, die sich dies auf die Fahnen geschrieben hat: Mit einer seiner ersten Unterschriften im Amt ordnete Biden die Rückkehr seines Landes in das Pariser Klimaabkommen an – und revidierte die Entscheidung seines Vorgängers, den nachhaltigen Fortschritt zu blockieren.
Weichenstellungen wie die des neuen US-Präsidenten beeinflussen auch die Planungen und Handlungsoptionen für Unternehmen auf ihrer Reise Richtung Nachhaltigkeit – die Zeit zu handeln ist jetzt. Worauf sich die Welt einrichten muss, zeigt eine aktuelle Roland-Berger-Studie mit dem Titel „Sustainarama – wie Nachhaltigkeit die Welt im Jahr 2050 verändert haben wird“. Sie stellt folgende vier Szenarien gegenüber:
- Geplante neue Welt (Szenario 1): In diesem Szenario hält der Gesetzgeber die Zügel in der Hand. Nachhaltiges Handeln ist bis ins Detail vorgeschrieben, um die Klimakatastrophe abzuwenden. Der diverse Umgang mit Mitarbeitenden ist in dieser Welt durch Quoten und Standards festgelegt. Für Unternehmen bedeuten diese Eingriffe allerdings einen hohen Aufwand an Zeit, Geld und Ressourcen. Das könnte Innovationskraft und Wettbewerb belasten.
- Wettrennen um Nachhaltigkeit (Szenario 2): In diesem Szenario geben nicht Politiker, sondern Kunden und Konsumenten die Richtung vor. Sie nutzen nachhaltige Produkte und Dienste aus Überzeugung, während Unternehmen um die besten Angebote wetteifern. Dieses Szenario der gesellschaftlichen Vernunft dürfte allerdings kaum flächendeckend eintreten – es sei denn, Dürren oder andere Umweltkatastrophen würden ein gesellschaftliches Umdenken erzwingen.
- Der kleinste gemeinsame Nenner (Szenario 3): Ein Minimalkonsens als Masterplan liegt dem dritten Szenario zugrunde. In diesem Fall würden Staaten regulierend eingreifen, sich aber nur halbherzig auf konsequentes Handeln einigen. Regularien existieren dann zwar auf dem Papier, in der Wirklichkeit gibt es aber weiter viele Schlupflöcher – sei es für Umweltstandards, Steueroasen oder die Einhaltung von Menschenrechten in der Lieferkette.
- Jeder ist auf sich allein gestellt (Szenario 4): Das wohl unliebsamste der vier Szenarien wäre eine Welt, in der jeder für sich agiert. Wüstenbildung, mehr als eine Milliarde Klimaflüchtlinge, überfischte Ozeane und knappe Nahrungsmittel prägen dieses Szenario. Umweltgesetze, Sozialstandards und Corporate-Governance-Regeln wären ausgehöhlt, Staaten hätten die Kontrolle verloren oder übten sie nicht aus.
Ein Mix zweier Szenarien ist realistisch
Dass der Wandel kommt, ist sicher. Unsicher ist, wie er in den kommenden zwei Jahrzehnten konkret aussehen wird. So dürfte keines der vier Szenarien in Reinform eintreten. Wahrscheinlicher ist ein Mix. Realistisch dürfte es sich um eine Kombination der ersten zwei Szenarien handeln. So ist folgendes denkbar: Staaten und Institutionen geben den Rahmen und die Wettbewerbsbedingungen zunächst vor, um wirtschaftliches Handeln zu ermöglichen. Unternehmen würden sich dann erst im Laufe der Zeit in das Race-for-Sustainbility-Szenario hineinbewegen.
Politische Initiativen wie der European Green Deal weisen diesen Weg bereits. Denn die mit dem Pariser Klimaabkommen verknüpften Pläne der Europäischen Kommission, Europa bis 2050 auf Klimaneutralität zu trimmen, spiegeln sich bereits in den Compliance- und Ethik-Leitfäden vieler Unternehmen wider.
Führungskräfte brauchen effektives Radar
Führungskräfte sollten darüber hinaus ihre eigene Landkarte entwickeln, um Möglichkeiten für nachhaltiges Handeln im eigenen Unternehmen frühzeitig zu erkennen. Der Roland-Berger-Opportunities-Radar zeigt Anwendungsfälle für eine übergeordnete Nachhaltigkeitsstrategie auf. Entlang der Dimensionen des ESG-Modells (E für Environment / Umweltaspekte, S für Soziales und G für Corporate Governance) werden kurz‑, mittel- und langfristige Nachhaltigkeits-Use-Cases diskutiert. Es eignet sich auch zur Aufstellung interner Zielvorgaben und Prozesssteuerung.
Folgende Beispiele zeigen, wie Unternehmen dabei schon heute von nachhaltigem Handeln profitieren können:
- Beispiel Generation Z: Diese neue Generation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist sehr engagiert in Sachen Nachhaltigkeit. Sie erwartet, dass ihre künftigen Arbeitgeber entsprechend handeln – vom klimaneutralen Drucken im Büro bis zur Möglichkeit, digital von jedem Ort aus arbeiten zu können, um unnötige Fahrten und Reisen vermeiden oder Beruf und Familie besser in Einklang bringen zu können.
- Beispiel Effizienz- und Kreislaufwirtschaft: Nachhaltigkeit rechnet sich. Eine energieeffiziente Produktion und eine hohe Recyclingquote sparen Ressourcen und – Geld. Dank Digitalisierung ist eine effizientere und klimafreundlichere Produktionssteuerung schon heute möglich. Und auch die Lieferkette kann durch digitale Schnittstellen zu Lieferanten auf eine nachhaltige Beschaffung umgestellt werden.
- Beispiel Kunden: Nachhaltigkeit in das eigene Geschäftsmodell zu integrieren, kann auch helfen, Marktopportunitäten zu entdecken und neue Kundengruppen zu erschließen. Über die Einhaltung gesetzlicher Sozial- und Umweltstandards hinaus dokumentieren die Nutzung regenerativer Energie, Umweltsiegel oder das Formulieren einer Roadmap zur CO2-Neutralität hohe ökologische Ansprüche an das eigene Unternehmen. Und ein grüner Fußabdruck kann im Kundengespräch das entscheidende Argument sein.
Dabei sollte es keinesfalls darum gehen, einfach nur „Greenwashing“ zu betreiben. Denn der Wandel zur ökologischen und sozialen Nachhaltigkeit wird von vielen Gruppen vorangetrieben, seien es Konsumenten, Angestellte, Regulatoren oder Kapitalgeber. Wichtig ist daher, die Chancen dieses Wandels zu nutzen – und zwar mit Überzeugung. Denn sicher ist: Ein Unternehmen, das selbst nachhaltig arbeitet, kommt bei seinen Kunden an.
Der Autor
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